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Das Grüne Band und der ‚EV 13‘

Im Sommer 1989 stehen sich zwei bis an die Zähne bewaffnete Militärblöcke in Europa unversöhnlich gegenüber. Dazwischen zieht sich quer durch die Kontinente eine Grenzlinie: der sogenannte Eiserne Vorhang.

Durch Zäune, Wachtürme, Selbstschussanlagen und ein ausgeklügeltes Überwachungs-regime auf Seiten der ‚Warschauer-Pakt-Staaten‘ ist der Eiserne Vorhang weitgehend unüberwindbar. Großzügige Sperrgebiete verwehren den Zugang zu großen Teilen der Grenzregion. Mitten in diesem Grenzstreifen liegt die Küstenlandschaft  zwischen Dassow  und Rügen. Eine zusätzlich abgesicherte Sperrzone befand sich hier bei uns in Dassow rund um den Dassower See, der Lübecker Gewässer ist, und die Zugänge zur Ostsee.

Heute ist von dieser intensiv gesicherten Grenze fast nichts mehr zu sehen. Die Natur hat sich die Landschaft zurückerobert.

Die großen Naturflächen um den Dassower See, in der Rostocker Heide und der Vorpommerschen Boddenlandschaft sind ein grünes Erbe dieses Zeitalters. Sie gehören zum Grünen Band – der Lebenslinie entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs quer durch Europa.

Die friedliche Revolution in der ehemaligen DDR ist auch eine Revolution für die Natur. Schon wenige Tage nach der Grenzöffnung fordern die Bürgerinnen und Bürger eine dauerhafte Erhaltung der Grenznatur. Daraus erwächst im Februar 1990 eine „Initiativgruppe Küstenlandschaft“.

Heute, mehr als drei Jahrzehnte nach dem ‚Fall‘ des Eisernen Vorhangs, erstreckt das geschaffene Grüne Band vom Nordmeer bis zum Balkan. Es verbindet Natur und die Menschen über Grenzen hinweg und führt zu mehr Verständnis und Wissen über ‚die andere Seite‘. Es wird ‚Motor’ für eine wirtschaftliche Entwicklung vieler Regionen und ist auch touristischer Anziehungspunkt, vor allem auch für Wanderer und den immer stärker werdenden Radtourismus. Und natürlich garantieren die intakten, teilweise unberührten Landschaften den Einheimischen eine besonders hohe Lebensqualität.

Parallel zum Grünen Band entstand seit 2005 ein etwa 10.000 km langer Radweg von Norwegen bis nach Bulgarien, der sogenannte Iron Curtain Trail (Europa-Radweg Eiserner Vorhang, EUROVELO 13 oder einfach ‚EV 13‘). Auf seinem Weg erinnert der ‚EV 13‘ nicht nur an die Teilung Europas, sondern er macht auch den kulturellen und natürlichen Reichtum unseres Kontinents sichtbar: Von den Küsten der Barentssee an der norwegisch/russischen Grenze führt der Weg vorbei an den Seen Finnlands und durchquert das Baltikum. Auf dem ehemaligen innerdeutschen Grenzstreifen geht es weiter bis zu den Wäldern Tschechiens , der Slowakei und Ungarns. In Mitteleuropa durchquert der Radweg die ursprünglichen Landschaften Rumäniens und Bulgariens, bis er schließlich an den Ufern des Schwarzen Meeres endet. Der ‚EV 13‘ ist inzwischen einer der bedeutendsten und meistbefahrenen Radwanderwege Europas und wegen des stetig anwachsenden Radtourismus für die Anliegergemeinden auch von wirtschaftlichem Interesse.